Die ersten richtigen Velofahrtage starten vor der Jugi. Wir verlassen
die Medina und auch die Agglo Tunis in Richtung Norden. Unser erstes
Zwischenziel ist Sidi Ali el Mekki. Irgendwo hatten wir aufgeschnappt, dass es
da etwas zu sehen gäbe. Also fahren wir hin und finden einen schönen Strand an
dem in der Hauptsaison anscheinend ziemlich viel los zu sein scheint. All die
Strandbeizen sind aber im Nebensaisonmodus geschlossen und die Schattenspender
aufeinandergestapelt.
Das Meer und der Sand sind dennoch schön und wir geniessen
die Zeit. Da wir aber vor Ort keinen geeigneten Zeltplatz fanden, machten wir
uns auf den weiteren Weg in Richtung Bizerte und entdeckten an einem Feldrand
ein passendes Plätzchen für die erste Zeltnacht in Tunesien.
Auf dem Weg hierhin finden wir das vor, was der Reiseführer
«versprochen» hatte: sehr viel Müll am Strassenrand. Es gibt zwar in den
meisten Orten eine «Rue d’enviroment» eine Aktion welche auf den Umweltschutz
aufmerksam machen wollte. Unterdessen ist leider davon nicht mehr viel übrig.
Es ist teilweise so dreckig, dass wir keine Lust haben am Strassenrand eine
etwas längere Pause zu machen.
Eine weitere spannende Beobachtungen ist, wie viele Personen
auf einem Roller(einfacher Töff) Platz finden. Scheinbar das perfekte und noch
zahlbare Familien-Fahrzeug für 4 Personen. Weiter sind die Mann/Frau-Stunden scheinbar
günstiger als der Treibstoff. So ist es absolut normal, z.B. Melonen oder
Zementsäcke einzeln auf den PickUp zu laden und da nicht kippbar, wird wohl
auch wieder jede einzelne von Hand abgeladen. Als Ladungssicherung genügt ein Spannset
ganz hinten. Immer wieder überholt uns auch ein Schüttgut-Lastwagen, welcher statt
mit Kies oder Sand mit Tomaten geladen ist. Ob es daraus in einer Fabrik dann
Tomatensauce gibt?
Und noch bezüglich Verkehr. Im letzten Beitrag hatten wir
berichtet, dass die Randsteine rot-weiss bemahlt sind. Unterdessen wissen wir,
dass dies eigentlich Parkverbot bedeutet. Für die Tunesier sind Verbote aber
eher Empfehlungen und so ist es völlig normal, auch z.B. auf der Kreuzung und
im Kreisel zu parkieren, wenn der Laden an der Ecke so am gäbigsten erreicht
werden kann.
Unterwegs mussten wir auch noch die erste Reparatur am Pino
durchführen: Unsere HelinoxKopieCampingStuhlHalterungsVerpackung erreichte das
vordere Rad und dadurch wurde das Schutzblech etwas verkrümmt und blockierte
kurzzeitig das Rad. Als alles wieder zurechtgebogen und neu eingestellt war
konnten wir wieder weiterrollen.
Via Ras Jebel und der Hauptstrasse N8 erreichten wir Bizerte
und fahren über die Klappbrücke in die Stadt. In einem Park geniessen wir die
Siesta und das Treiben des Sonntagmittags der in Tunesien trotz Islam der freie
Tag ist (schliesslich ist es in Frankreich auch so, Tunesien ist ehemaliges Kolonialgebiet
von Frankreich. Im Islam wäre der Freitag der Ruhe.). Weil am zweitnördlichsten
Punkt des Landes und des Kontinents ein Geocache liegt und Chregu mindestens
einer finden wollte kurbelten wir dem Meer entlang zu angegeben
Parkplatz-Koordinate und fanden dort in den Büschen ein Platz für unser Zelt.
Rundherum wurde der Sonntagabend gefeiert, aber wir hatten unserer Ruhe und
kein Besuch, auch nicht von den streunenden Hunden.
Nach der morgendlichen Wanderung zum Cap Blanc und dem
Geocache fuhren wir wieder zurück nach Bizerte. Unterwegs hielten wir noch
einmal in gleichen Supermarkt an, in welchem wir schon am Tag vorher eingekauft
hatten. Dabei wurden wir von Karin angesprochen und es stellte sich heraus,
dass sie ursprünglich vom Menzberg stammt und seit rund 10 Jahren mit ihrer
multikulturellen Familie in Tunesien lebt und hier mit der Schweizer
Altersvorsorge das Leben geniesst. Immer wieder spannend wie klein die Welt
sein kann. (Kennt jemand die Familie?)
Sie erzählt uns einiges über die tunesische Gesellschaft und
wie das Leben so funktioniert. Das war spannend und lehrreich. z.B. Milch und
Mehl sind rar, aber ironischer Weise werden einem die Baguettes und Joghurts
spottbillig angeboten, weil es die Tunesier scheinbar so möchten. Eine
Einladung zur Übernachtung schlagen wir aber aus, da wir uns erst ein bisschen
warm gekurbelt haben und noch ein paar Kilometer fahren wollten.
Auf Openstreetmap haben wir nach Campingplätzen gesucht und
einer der sehr wenigen Einträge heisst: «Beautiful Place for a camp - keep clean, please». Dieser Ort wurde zu
unserem Tagesziel und via den Lake Ikcheul erreichten wir den Platz im Verlaufe
des Nachmittags. Es stellte sich wirklich als super Platz heraus. Nach dem
Znacht und Hausbau konnten wir bei schönstem Sternenhimmel ins Bett kriechen.
Und spätestens nach Bizerte ist das mit dem Abfall entlang
der Strassen auch viel besser. Ob es ist, weil besser aufgeräumt wird oder weil
weniger weggeworfen wird. Wir wissen es nicht. Am wahrscheinlichsten hängt es
aber einfach mit der Bevölkerungsdichte zusammen.
In Sachen Abfall machen wir schon früh eine Entdeckung: Es
gibt Leute die PET sammeln. Daher vermuten wir rasch, dass PET irgendwie einen
Wert hat. Und im Verlauf der Tage erkennen wir immer mehr Anzeichen dafür: Leute
mit vollen Säcken mit PET-Flaschen, Transporter voll PET. Dies bestätigte uns
auch Karin, welche bei sich sogar eine inoffizielle PET-Sammelstelle führt und
diese an Familien zukommen lässt, die davon leben.
Am 10. Oktober machen wir einen gemütlicheren Tag und fahren
weiter entlang der RR66 bis zu Abzweigung nach Cap Serrat. Dort organisierten
wir eine tunesische SIM-Card (3TND + 5TND also 1Fr + 2.5Fr für 2.5GB) welche
aber mindestens am Anfang nicht funktionierte. Auch nach einigen Versuchen zurück
im Geschäft klappte es nicht. Der Natelempfang war aber auch relativ schlecht
direkt vor Ort. Der Mobiltarif ist auch für tunesische Verhältnisse relativ
tief. Dafür zahlten wir im Laden neben an 2.5Fr für 9Liter Wasser. Bisher
hatten wir fürs gleiche lediglich 1.5Fr bezahlt. Für uns spielt dies nicht so
eine Rolle, aber dieser Tunesier hat wohl realisiert, dass wir Touris sind und
mehr bezahlen können.
Vom Abzweiger bis nach Cap Serrat ging es hügelig runter bis
ans Meer. Wir hatten gelesen, es gäbe öffentliche Duschen und WC’s. Vor Ort
fanden wir zwar keine öffentlichen Duschen und WC, aber wurden angesprochen. Auf
die Nachfrage ob es einen Campingplatz gibt, wurden wir in ein saisonal geschlossenes
Restaurant und kleines Hotel geführt: Wir konnten Dusche+WC benützen, den
Zeltplatz selber aussuchen und wir sollen selber sagen wieviel wir dafür zahlen
möchten.
Also machen wir das, was man als Veloreisende am meisten
wünscht: Duschen und Kleiderwaschen! So dass wir wieder einmal eine Nacht nicht
ganz so dreckig ins Bett kriechen und wenigstens am Morgen beim losfahren die
Kleider nicht schon wieder am Körper kleben. Das passiert dann schnell genug
wieder, da es zwischen 28° und 32° warm ist und maximal leicht bewölkt. Im
Vergleich zu der Schweiz wohl ein Luxusproblem bezüglich Witterung. Für uns
Velofahrende aber sehr warm oder wie es Chregu regelmässig ächzt: «es esch heiiiiiiss!»
(übrigens auch schon bei tieferen Themperaturen)
Am nächsten Tag trafen wir bei einem kleinen Laden den
Bäcker auf Rundtour, welcher das Auto bis unters Dach mit Baguettes geladen hat.
Diese gab das perfekte Frühstück mit den Eiern, welche wir bei einem Hof kaufen
wollten, aber dann geschenkt bekamen. Auf dem Weg trafen wir viele Schüler, die
freudig mit uns mit rennen wollten. Es ging den Berg hoch und so waren wir zu
schnell. Einzig das Mädchen Salah hatte eine super Kondition und konnte über
1km die Geschwindigkeit mit uns halten. Mit 7km/h wir ziehen den Hut und Salah grinste
voller stolz, als sie sich verabschiedet.
Wir kurbelten durch super schöne Landschaften nach Nefza. Wo
wir kurz im bunten Markttreiben Halt machten um uns mit dem täglichen Bedarf einzudecken.
Die Weiterfahrt ging trotz Steigung halb gratis, da erneut landschaftlich sehr
schön. Unterwegs ergatterten wir ein Steuerrad-Brot, welches zwar einiges teurerer
als die Baguettes ist, dafür länger hält, allerdings auch mit Gewinnspiel-Charakter,
da Handarbeit und auf dem Feuer am Strassenrand gezaubert. Einige sind super
fein, dies war eher eine Niete.
Kurz vor der Passhöhe fanden wir ein Föhrenwald, wo wir
unser Zelt aufschlugen und mit den Hirten ein munteres «Selem» austauschten.
Béja war uns eine Nummer zu gross und so waren wir schnell wieder
weg und geniessen die Siesta am Strassenrand unter Bäumen mit erstaunlich wenig
Güsel.
Wir veröffentlichen jetzt den Text, mal schauen ob es mit den Fotos via Natelnetz klappt.
Toll, diese Berichte!!! Mir ist, als ob ich mit dabei wäre! Merciiii!!!
AntwortenLöschenDie Texte zu lesen, ist ein Vergnügen. Mir ist, als ob ich mehr als ein wenig mitreisen würde. Merciiii!!!
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