Donnerstag, 17. Juli 2025

Fligus Stechaea anadolus est

Nach Geburtstagtorte, Kebab und Bier in Erzincan genossen wir die Nacht im klimatisierten Hotelzimmer. Nach dem Frühstück beluden wir unsere Velos und rollten aus der Hotellobby. Aber nur gerade wenige Meter weit, denn Chregu bemerkte, dass zu wenig Luft in seinem Vorderpneu ist. Also, alles Gepäck wieder abbauen, Vorderrad raus, Pneu demontieren, Übeltäter (Draht) finden, Loch flicken und alles wieder zusammenbauen. Livio organisiert unterdessen das Brot fürs Zmittag. Danach radelten wir aus Erzincan in Richtung Südwesten, um dem Fluss Euphrat zu folgen. Die Strasse und die Bahnlinie begleiten den Fluss mehr oder weniger eng. Die Bahnlinie höhenmetersparend durch Tunnel. Die Strasse teilweise gnadenlos in gerader Linie über die Hügel hinweg.


Der Euphrat, oder türkisch Firat, fliesst in diesem Abschnitt frei duch die Landschaft und wird nur durch mehrere steile felsige Schluchten eingeengt. Ein landschaftlich absolut lohnender Abschnitt.

Livio hatte im Voraus eine Picknick-Anlage auf GoogleMaps entdeckt, welche vielversprechend aussah. Vor Ort stellte sich es sich dann als absoluter Glücksfall heraus. Es fliesst sehr viel Quellwasser in verschiedensten kleinen Bächen durch die Anlage und dank Bäümen ist es wunderbar schattig. Livio redet vom "Himmel auf Erden" im Gegensatz zur höllischen Hitze auf der Strasse (Laut Meteo 42 °C…). So entkamen wir für ein paar Stunden der Wärme. Wir assen unser Zmittag: Gurken, Frischkäse, Chips und Brot. Danach steckten wir unsere Köpfe in die Karte, um die weitere Route zu verfeinern. 

 

Livios Idee ab Kemah den Zug  zu nehmen und somit die spannende Bahnline zu befahren, gefiel Chregu natürlich. Die Recherche online brachte zwar zu Tage, dass der Velotransport offiziell nur für Faltvelos möglich sei, wir wollten es trotzem probieren. Also verliessen wir die kühle Oase der Picknick-Anlage und rollten die letzten Kilometer nach Kemah, kauften ein und platzierten uns am Bahnhof. Vor Ort wurde uns mitgeteilt, dass der Schaffner entscheide. Das hatten wir vermutet und standen also auf dem schmalen Perron parat. Als der Dieselzug heranzuckelte, fragte die Stationsvorständin das Zugspersonal ob wir mitfahren können. Das wurde bejaht und wir durften unsere voll beladenen Velos in den Zug hieven. Die beiden Kondukteure halfen uns beim verstauen des Gepäcks und schlossen sogar eine Tür ab, dass wir dort unsere Velos deponieren konnten.
Die knapp zweistündige Fahrt war spannend und führte immer direkt dem Fluss entlang. Dank verschiedenen freien Sitzen konnten wir uns jeweils die spannendere Seite auswählen.

Im Bahnhof Çaltı angekommen, luden wir wieder alles aus und Chregu musste sein Vorderpneu aufpumpen, schon beim Einsteigen hatte er einen weiteren Platten bemerkt.
Nur wenige Kilometer weiter fanden wir einen super Zeltplatz direkt am Bach. Also gingen wir erst einmal baden. Herrlich eine solche Abkühlung.
Chregu fand danach ein weiteres Loch im vorderen Schlauch. Vielleicht kommt ein über 10jähriger Pneu mit gut 28000km doch nicht mehr so gut mit den türkischen Strassen zurecht...
Bevor wir ins Bett gingen, genossen wir ein weiters Bad im Fluss und konnten so wunderbar sauber in die frisch gewaschenen Seidenschlafsäcke schlüpfen.

Am Morgen standen wir so früh auf, dass wir im ersten Tageslicht schon auf den Velos sassen. So erlebten wir den Sonnaufgang auf dem ersten Pass für heute. 


Wir waren unterwegs in Richtung Süden zum Karanlık Kanyon. Hier fliesst der Euphrat durch eine enge Schlucht und paralell dazu wurde eine Strasse in den Fels gehauen. Genau diese Strasse befuhren wir und konnten so dutzende wunderbare Ausblicke in den Canyon geniessen.
Vielen Dank an Sandro für den Tipp.






Bouldereinlage für einen Geocache

Im Dorf Kemaliye angekommen fühlten wir uns wie man sich z.B. in Zermatt fühlt. Alles ist herausgeputzt, neu, viele können Englisch, es hat viele Hotels, ...
Da es erst 8 Uhr ist, assen wir, klassisch für die Türkei, eine Corba (Suppe) zum Frühstück und kauften für den Tag ein.

Livio sucht das "Satilik" (zu verkaufen) - Schild...

Um vor der allzugrossen Hitze noch einige Kilometer zu machen, fuhren wir rasch wieder los und kurbelten aus dem Ort über einige Wellen und Hügel durch die Landschaft, immer rechts vom Euphrat, unterschiedlich hoch am Hang. Immer wieder ergaben sich spannende Ausblicke.
Der letzte Aufstieg zu einem Pass (Dutluca Geçidi, 1200m) forderte uns ziemlich, da er mit ~400hm zwar  nicht wahnwinnig hoch ist, aber recht steil und vorallem heiss, da es Mittag war und kaum schatzenspendende Bäume vorhanden waren (Laut Meteo immer noch >40°C). Chregu kam in die seltene Hungersituation, dass er instantan etwas essen musste, an ein weiterfahren war nicht zu denken. So vertilgten wir in kurzer Zeit eine Box Frischkäse und eineinhalb Fladenbrote.
Auf dem Pass angekommen, konnten wir zur nächsten Gartenbeiz rollen und uns da mit Köfte und Dondurma (Glace) verwöhnen lassen. Wobei uns die Stech-Fliegen dann irgendwann doch wieder aufs Velo trieben. Wir hatten einen Canyon im Visier, wo wir planten zu zelten. Vor Ort stellte sich dann heraus, dass es ein wirklicher Camping am Bach ist, wo Dutzende bis Hunderte Türken sich für das Wochenende am einrichten waren. Einige sind offensichtlich sehr viel da, denn ihre Zelte sind fix und es stehen Möbel und Kühlschränke herum.
Nach einem Bad im Bach suchten wir uns einen Platz, kochten und krochen einigermassen früh ins Zelt. Die Nachbarn hielten uns aber mit Musik und Licht mehr oder weniger vom Schlafen ab. 


Ganz so früh wie am Vortag konnten wir nicht starten, da wir sonst in Arapgirnur geschlossene Läden vorgefunden hätten. So fuhren wir, nach dem Einkaufen, auf den ersten Pass in Richtung Divriği, machten unterdessen Halt in einer Strassenbeiz, wo wir mehr durch die Tischnachbarn, als durch die Beiz verpflegt wurden. 

 

Einer der vielen Wasserspender unterwegs

Noch vor dem Mittag überquerten wir den Pass und rollten steil hinunter an den Bach (witzigerweise wieder jener an welchem wir die letzte Nach übernachtet hatten.) Wir suchten ein Schattenplatz und gingen Baden. Der Nachmittag floss so dahin und wir versuchte uns vor der Hitze zu verstecken und uns vor den Stechflliegen zu schützen. Nach weiteren Abkühlungen im Bach kochten wir dann unser Znacht um danach, in der etwas kühleren Abendluft, noch auf den nächsten Pass zu radeln. Dort fanden wir, schon nach dem Sonnenuntergang, aber noch immer in der wunderschönen Abenddämmerung, einen super Zeltplatz unter einem Hochspannugsmast.

Langsamverkehr


Am Morgen vom 13. Juli konnten wir also zuerst runter rollen, mussten aber noch über weitere grosse Wellen bis wir Divriği erreichten. Dort assen wir eine Corba zum Frühstück, besuchten die grosse Moschee und kauften ein um rund 10 Kilometern in Richtung Kengal an einem Bach den Mittag und Nachmittag zu verbringen. Diesmal kämpften wir mit dem Innenzelt gegen die, zwar eher wenig vorhandenen, aber dennoch nervigen Fliegen. Im Kampf gegen die Hitze (38-40°C) übernahmen wir die Technik, welche wir zwei Tage vorher einigen Türken abgeschaut hatten und setzten uns mit den Stühlen direkt in den Bach. Während der Pause wurden wir von "Nachbarn" aus seinem Garten versorgt. Leider waren wir entweder überfordert von der Menge einer ganzen Honigwabe oder das gereichte Obst war so sauer und mehlig, dass wir es beim besten Willen nicht essen konnten.
Nach dem Znacht, das diesmal mit Kartoffeln, Tomate und Geschnetzeltem exquisit ausfiel, fuhren wir noch in den Abend hinein um den letzten grösseren Pass bis Kangan noch zum Teil zu erklimmen. Aus dem gemütlichen Abendpedalen wurde rasch eine Sprintveranstaltung, da wir mehrmals erfolglos ansetzten um an Lastwagen anzhängen. Erst als Livio einem Fahrer mit Zeichen gesagt hatte, was wir vorhaben, klappte es. Der Fahrer hielt kurz an, und so konnten wir und für die nächsten Kilometer ziehen lassen. Im Eindunklen suchten wir uns eine Zeltplatz aus und genossen den Sternenhimmel.

Die letzten Höhenmeter bis zum Pass (Karasar Geçidi) kurbelten wir dann im ersten Sonnenlicht. Danach ging es rassiger weiter als an den Vortagen. Die Höhenmeter pro 100km sanken von rund 2000 auf rund 1000.

Es blieb somit hüglig und die typisch türkischen Wellen sind weiterhin fies, aber seltener und kleiner. Wir erreichten Kangal, assen, wie schon öfters, eine Corba, dranken Cay. Um der Hitze (~40°C) zu entfliehen verschoben wir uns in die Hauptmoschee des Ortes und verliessen sie nur zu den Gebetszeiten, wobei wir dann jeweils dem Glauben der Veloreisenden fröhnten und uns Energie zuführten in Form von Kebap, Ayran, Cay, Cola und Baklava. Es scheint die beste Variante zu sein, um fliegenfrei auszuruhen. Ausserdem ist die Landschaft hier so karg, dass Schatten sehr rar ist. Schatten am oder im badetauglichen Wasser so oder so. Als das Nachmittagsgebet anstand, gingen wir zum dritten Mal in dem gleichen Kebap-Laden und vervollständigten unser "durch die Karte essen" fast. 

frisch gestapelter Kebap

Danach in den A101 Supermarkt (unser Favorit) um das nötige Essen für die Fahrt bis zum nächsten grösseren Ort zu kaufen. Beim Bezahlen kam die, übliche, Frage nach unserer Herkunft? İsviçre als Antwort war der Anfang eines witzigen Gesprächs über ihre Herkunft und die umliegenden Orte. Z.b dass wir in Divriği eine spektakuläre Plattform mit Glasboden über einer Schlucht verpasst hatten. Aber es wäre zu heiss gewesen, um dorthinauf zu fahren als wir dort waren... Auf jeden Fall eine weitere fröhliche Begegnung.

Nach dem Pumpen der Räder beim Otolastik (Pneuhaus) kurbelten wir über mehrere Wellen und hatten für die erste 7 Kilometern etwas mit dem Verkehr zu kämpfen. Danach bogen wir ab und konnten das Gefälle und der leicht von hinten kommende Wind wunderbar in Tempo umsetzen. Immer weiter in Richtung Südwesten hatten wir eine kleine Strasse ausgesucht. Es hatte wenig Verkehr, die Temperatur war auf angenehme 30°C gesunken (wie man sich doch irgendwie eingewöhnen kann...) und der Wind half meistens. So rollten wir durch das offene Acker- und Weideland.
Ein entgegenkommendes Auto verlangsamte als die Fahrer uns erblickten und zeigte uns wir sollen anhalten. Als erstes, tauchte ein Glas Cola aus dem Fahrerfenster auf. Das zweite folgte sogleich. Ein kurzes Gespräch, ein Selfie zusammen, Instagram Accounts austauschen und schon war der "Spuck" vorbei. Doch nicht ganz. Kurz darauf heulte der Rückwärtsgang des Autos auf,  wir verlangsamten und wurden dann links, rückwärts überholt. Das aus dem Auto gestreckte Natel offenbarte die Absicht und so modelten wir so gut es geht für ein Foto.

 


Mit einem breiten Lächeln über die schöne Begegnung pedalten wir noch durch das Dorf Kuşkayası und fanden kurz danach einen guten und fast insektenfreien Zeltplatz.
Nach dem Frühstück mit Sonnenaufgang fuhren wir los und schon bald verwandelte sich die Strasse immer mehr zur Piste. Für die nächsten gut 20 Kilometern war unsere Konzentration speziell gefordert um die grössten Schlaglöcher zu vermeiden. Neben uns zogen Felder mit relativ aufwändig bewässerten Peperonis oder Getreide vorbei. Verkehr hatte es bis auf ganz wenige Autos und zwei Sattelschlepper keinen. Je mehr wir in Richtung Westen kamen, desto besse wurde der Belag. Zurück auf der grossen Vierspurigen Strasse (D300) legten wir dank Rückenwind und grundsätzlichen Gefälle die rund 40 Kilometer bis Pınarbaşı im Geschwindigkeitsrausch zurück. Und einmal mehr erkannten wir, dass es kaum flache türkische Strassen gibt. Immer wieder mit >50km/h hinunter und geradewegs auf der anderen Seite wieder hinauf, natürlich entsprechend langsamer. Im der Stadt angekommen, das gleiche Programm wie in den letzten Tagen: uns etwas waschen in der Mosche, Corba zum Frühstück und dann Schattenplatz finden gegen die Hitze. Diesmal ein Park bei einer Quelle. Fliegenarm, aber nicht ganz Fliegenlos.

Gegen Abend starteten alle um uns lagernden Türken ihre Grilladen. Wir spöttelten schon, ob wir vielleicht auf das Znacht im Kebap-Laden verzichten könnten, vor allem beim Anblick der zubereiteten Mengen. Und es kam so: vom der einen Seite ein Brot gefüllt mit Shish-Kebap, von der anderen ein Teller mit Fleisch, dazu von der ersten Seite Cola dazu. Am Schluss bekamen wir auch noch Kuchen.

Immer wieder schön, diese unkomplizierte Gastfreundschaft, da könnten wir Schweizer noch einiges abschauen.
Rund 30 Kilometer weiter fanden wir einen passenden Zeltplatz an einem Bewässerungskanal.


Die letzten 60 Kilometer nach Kayseri waren unspektakulär. Nur gerade, dass wir erst an der dritten Raststätte einen Cay bekamen, liess uns etwas ratlos zurück...
Und Chregu hatte bei der Einfahrt in die Stadt einen Platten. Wie immer ein Draht der sich durch den Pneu gearbeitet hatte.

Ausserdem: Die Ostanatolische Stechfliege und deren biologischer Name sind erfunden, wenn auch beruhend auf einer (oder vielen) wahren Begegnungen.

Mittwoch, 9. Juli 2025

Von der Vernunft zur D915

Von Rize aus fuhren wir weitere 28km entlang der Küste nach Of. Dort entschieden wir uns definitiv dafür in Richtung Bayburt abzuzweigen. Also kauften wir in Of ein und starteten in den Aufstieg von gesammthaft rund 2300hm. Nachdem wir die letzten Tage seit der Knie-Schonungs-Pause sehr vernünftig waren und versucht haben nur langsam die Anzahl Kilometer und Höhenmeter pro Tag zu steigern, sollte dies der Test werden ob das Knie wirklich hält. Beiden war bewusst das dies eventuell nicht mehr die Knietechnisch vernünftigste Entscheidung war (siehe Recherche zur Strasse weiter unten), aber das Abentuer lockte und die Alternativen waren nicht viel harmloser.

Die Landschaft ins Tal hinein ist weiterhin von Teeplantagen und fast dschungelartigen Bewuchs geprägt. Die vielen Teefabriken zeugen von der wirtschaftlichen Bedeutung der Pflanze im der Region.
In einem der Dörfer wollten wir unsere Wasservorräte auffüllen und wurden dabei von einem Regenschauer überrascht. Daher flüchteten wir in eine der Teestuben und wurden dort mit (gebrochenem) Schweizerdeutsch angesprochen. Ein Türke, welcher Jahrzehnte in Wädenswil gearbeitet hatte, war auf Besuch in seinem Heimatdorf. Er fragte uns aus und wir versuchten möglichst viele Infos von ihm zu erhalten, aber die Adaption vom Autofahrerdenken zum Veloreisedenken klappte nicht so gut. Der empfohlene Zeltplatz lag mit rund 30km und 1000hm auf jeden Fall zu weit weg.

Nach dem Regenschauer suchten wir uns wenige Kilometer weiter an einem geschlossenen Strassenabschnitt einen brauchbaren Zeltplatz. Da es einen weiteren Regenschauer gab, verkrochen wir uns ins schon aufgestellte Aussenzelt und konnten so in Trockenheit in unseren Campingstühlen ausruhen.
Durch den harten Boden schleppten wir Steine als Heringersatz heran. Unter einem der Steine versteckte sich eine Wespe welche Chregu prompt stach. Livio musste etwas Chregu verknurren seine Allergiemedis zu nehmen.

Das Znacht kochten wir wieder draussen und realisierten schnell, dass die Strasse doch noch teilweise befahren wurde. Die wenigen Autos interessierten sich aber nicht gross für uns so blieben wir an unserem Platz. Mit dem Eindunkeln gingen wir ins Bett und schliefen bis uns blau/rotes Blinklicht weckte. Wieder einmal Polieibesuch im Zelt. Die Polizisten waren super freundlich und sagten uns, via GoogleTranslate, dass es zu gefährlich sei hier zu zelten, wir sollen ein paar hundert Meter weiter zu einem Restaurant gehen. Wir wollten nicht alles abbauen und fragten nach dem Grund. Es habe Bären war die Antwort. Eher ungläubig gaben wir zurück, dass wir bis jetzt kein Problem gehabt hätten. So fuhren Polizei dann wieder weiter. Livios nächtliche Recherche brachte dann zu Tage, dass wir uns wohl wiklich im bärenreichste Gebiet der Türkei befanden. Das Verhalten der Türken vor Ort zeigt uns, im Vergleich z.b. zu Kanada, dass die Bärendichte nicht dehr hoch sein kann.
So auferlegten wir uns die Vorgabe die nächsten Nächte nahe der Zivilisation zu verbringen.

In Çaykara, dem grössten Dorf des Tales, genossen wir einen Cay, schnabulierten Süssigkeiten und kauften für die nächsten Tage ein, da die Versorgungslage nicht klar war. Vollbepackt folgten wir weiter der D915 in Richtung Süden. Mit dem Abzweiger nach Uzungöl, dem Haupttourismusspot im Tal liess der Verkehr massiv nach und wir konnten auf den steilen Aschnitten die ganze Strassenbreite für Serpentinenfahrten nutzen.


Das Tal hat sehr steile Flanken und immer wieder tauchen Dörfer oder Weiler auf, welche an den Hängen kleben, wo auch Landwirtschaft betrieben wird.
Beim Dorfeingang von Köknar wurde die Strasse schlagartig kleiner und schlechter. So ist sie durch das Dorf meist nur einspurig und ziemlich löchrig. Beim Lebensmittelladen hielten wir an um uns zu organisieren. Es dauerte nicht lange bis wir von den alten Männern in der Cay-Evi, nur wenige Meter daneben, zum Tee eingeladen werden.

Dort konnten wir zwei, allbekannt als französisch-"Genies" ;), unsere Spachkenntnisse unter Beweis stellen, da einer der Männer lange in Paris gearbeitet hatte. Auf unsere Frage nach einem Zeltplatz schickte er mit einer Beschreibung und Kilometerangabe weiter bergwärts. Nach dem angegebenen Kilometer fanden wir ein Strassenbaucamp, auf das ein Teil der Beschreibung passte, aber irgendwie sogarnicht nach Campingplatz aussah wie erwähnt... Wir schauten uns aber um und prompt wurden wir zum Tee eingeladen.

Ein Irani, der sich aufs Züchten von wunderschönen (oder eher furchteinflössenden) Hähne speziallisiert hat, lebt seit einigen Monaten hier als Bewacher oder Betreiber des Baucamps. Nachdem er uns seine Sammlung an Hühnern gezeigt hatte und wir uns für eine Zeltplatz umschauten, übersetzte er uns, dass wir heute seine Gäste seien und so kamen wir zu einem Raum zum schlafen, einer Dusche und Znacht. Ausserdem klärte er, bei weiter oben wohnenden Leuten, für uns ab, ob der Pass nach Bayburt befahrbar ist. Es habe zwar noch Schnee, aber es sei möglich. So genossen wir den Nachmittag vor dem Camp und erholten uns für den nächsten Tag.
Zum Znacht wurde uns, typisch iranisch, eine Mischung aus Rührei, Tomaten und Zwiebeln, sowie Yoghurt mit Gurke serviert. Dazu viel Brot und zum Abschluss natürlich Cay. Wir verabredeten uns für ein frühes Frühstück (Gurke, Tomate, Käse, Sesammuus, Brot).


So kurbelten wir am nächsten Morgen auf der guten trassierten und bis einige Kilometer nach Karaçam auch asphaltierten Strasse bergwärts. Irgendwann wechselte der Belag dann auf Schotter, die Neigung blieb aber recht erträglich.

"Walliser" Häuser

Wir machten schon weit vor dem Mittag eine grosszügige Pause direkt unterhalb des Serpentinenmassaker, wo die Strasse mit 13 Kehren in einem Hang rund 300hm macht.
Die wenigen Autos die wir trafen, waren ganz normale PW's oder Lieferwagen ohne Allrad oder sonstigen Offroadeigenschaften. Von weitem sahen wir auch noch einen Camper, welcher uns aber erst überholt als wir auf der anderen Passseite an unserem Zeltplatz sassen. Ausserdem treffen wir einige Töfffahrer, welche mit ihren Tourenmaschinen den Pass befahren.
Im Vorfeld der Reise stolperte Chregu über diese Strasse, da auf der Karte die Spitzkehren auffallen und war fasziniert davon. Unsere spätere Rechere zeigte dann dass die Strasse im Internet unter den "World deadliests roads" gehandelt wird. Dies vor allem unter den Töfffahren. Berichte über Velobefahrungen hatten wir kaum gefunden. Vor Ort zeigte sich dann aber, dass die Strecke wohl spektaktulär ist, aber mit grundsätzlich rund 6% Steilheit relativ moderat bleibt. (Von einigen wenigen Rampen abgesehen.) Ausserdem fanden wir den Belag in gutem Zustand vor. Meist war der Schotter gut gepresst und der Grip sehr gut. Daher fiel uns das Hochfahren recht einfach. Die häufigen Stopps waren eher den Fotos geschuldet weder der nötigen körperlichen Erholung. Um Livios Knie trotz Bergetappe nicht zu überfordern, verlagerten wir einige Kilo an Gepäck auf Chregus Velo. Livio vermutete sogar, dass wohl noch nie ein so schweres Velo über den Pass gefahren ist.




Auf rund 2000m.ü.M. wechselte die Landschaft wieder auf runde offene Hügel und die Vegetion wurde wieder recht karg. Je näher wir der Passhöhe kamen je mehr Windkraftanlagen tauchten im Blickfeld auf. Offensichtlich wird an einem grossen Windpark gebaut um die vom Schwarzen Meer kommenden Winde in Strom zu verwandeln. Auch war schön sichtbar wie der Vegetationsunterschied zu Stande kommt. Die vom Meer kommenden Wolken lösten sich, ähnlich wie bei uns in einer Föhnwalze, direkt auf dem Pass grösstenteils auf.
Ab etwa einen Kilometer vor der Passhöhe war dann die Strasse wieder asphaltiert. Dies wohl vor allem wegen dem Windpark der gerade noch fertiggestellt wird.

 

Livios Knie machte bis ganz nach oben (zu unserer beiden Erstaunen) gar keine Faxen. Die unvernünftige Entscheidung hatte sich also gelohnt. Nach einer Nudelsuppe aus dem Beutel rollten wir Strasse in Richtung Bayburt hinunter.


Dank Höhenunterschied und Rückenwind erreichten wir den Talboden sehr schnell. Da fanden wir dann auch einen wunderbaren Zeltplatz an einem Bach und verbrachten den Nachmittag im Schatten von Pappeln. Die Suche nach einem Cay im Dorf mehr oder weniger nebenan, ergab dass es dort entweder keine Teestube gibt (sehr unwahrscheinlich), diese geschlossen war (möglich), oder wir einfach zu ungeschickt die an der Strasse sitzenden alten Männer mit ihren Teegläsern zu finden. (Fast sicher)


Der Rückenwind war am Morgen verschwunden, aber auch ohne Windhilfe rollte es recht gut bis Bayburt. Die Stadt liegt am Fluss Çoruh an welchem wir in Artvin schon Tee getrunken hatten. Die ausgesuchte Teestube für den morgendlichen Cay bot auch Glace an, was Chregu, auch morgens um 8 Uhr nicht lassen konnte.

Von Bayburt aus liessen wir uns vom Rückenwind helfen und pedalten so rasch nach Demirözü wo wir an einem schattigen Plätzchen den wärmsten Teil des Tages abwarteten und danach nochmals rund 30km an den Sadakstausee zu fahren. Dort konnten wir wieder einmal baden und den Abend inkl. Sonnenuntergang geniessen,
bis uns, einmal mehr, die Moskitos ins Zelt trieben.


Vom Stausee aus fuhren wir in Richtung Süden. Wie angenommen war bei Günbatur fertig mit Asphalt. Auf einer brauchbaren Schitterpiste kämpften wir uns hoch bis wir auch rund 2000m bei Yarbaşı auf die "grosse" Srasse nach Ercincan gelangten. Diese Strasse wird aktuell gerade neu gebaut und daher fuhren wir weiter auf sehr gemischten Strassenzuständen durch all die verschiedenen Baumaschinen. Wie für die Türkei typisch werden die Strassen massiv begradigt und es wird wenig Rücksicht auf das Gefälle genommen, so verschwinden viele Kurven, es enstehen aber steile Rampen, teilweise einfach gerade die Hänge hoch.

Die Abfahrt nach Ercincan war oben weiterhin Baustelle, aber je weiter wir kamen, je besser wurde die Strasse. Aber vor allem merkten wir den Temperaturanstieg durch die gut 1000hm die wir vernichteten. In der Stadt angekommen war es gerade Zeit für einen ersehnten Kebapteller. Danach quartierten wir uns in einem Hotel ein und genossen die Annehmlichkeiten.








Turkyie D915 by Bicycle

This is a guide to cycle the "famous" D915 from Of on the black sea to Bayburt in the south crossing the Soğanlı Pass. All the information is from our ride at the 5th, 6th and 7th of July 2025.

Starting in Of the road is divided with two lanes for each directions. It follows all along more or less directly the river Solaklı Çayı. Until Cumapazarı there are no difficulties. Shortly after there is a first tunnel (T1 Tüneli, only direction south a tunnel), which we cycled through. As we came to the next tunnel (T2 Tüneli) right before Dernekpazarı, we crossed over the portal to get to the small road direction Gülen. We camped after the restaurant right beside the old road.

It is possible to cycle up the old road and then cross the northbound part of the main road to get directly to the town of Dernekpazarı without having to pass. Like this you also don‘t have to cycle trough the other tunnels until Çaykara.

In Çaykara there are some shops (for example A101 and a bakery and a lot more).

Until the junction leading to Uzungöl the road has 2 lanes. One northbound, one southbound with mostly a small shoulder to cycle on. At the junction the main road goes to Uzungöl, the D915 goes right (not like on the map). The big blue signs only show Köknar and Karaçam. Bayburt is only a smaller white one.
bvb
There is a sign that the road is closed between kilometer 49 and 57. It seems to be there the entire year and was definitely not true. There was no road closure ond the way at all.

With this junction the trafic on the D915 falls to almoste none.
The way to Köknar is sometimes pretty steep, probably the steepest parts of this ride.

The road through Köknar is narrow and winds trough the houses. There is a roadsign to Bayburt which can be misunterstood. Stay on the higher road. Don't cycle down to the river.
In Köknar there is a market in wich you can get most of the stuff. (We took way to much food with us.) There is also water and, of course, a Cay-Evi.

Shortly after (we slept another night at a roadworkers camp, we took it slow because of an injured knee) you will get to Karaçam, where there is more or less the same stuff as in Köknar: Cay-Evi, Market, Mosque, Toilet, Water.
Also in Karaçam there is a road sign which leads to Byburt, buts its not the D915. Stay on the slightly bigger higher road and check your maps.

After the town the road is still paved and and not that steep. The next four switchbacks are also paved and easy to ride. Maximum 1 Kilometer after the fourth switchback the pavement ends and the road is now hardpacked gravel. At around 1600m above sealevel the road crosses some streams and one side of the road was quite washed out. There is a touristic cafe with a big flag of turkie.

washed out road



At 1700m, where the road switches to the orher side of the valley, there are some buildings and some newer construction of a hut which looked touristic. Probably there will be some cafe or so. There is also a toilet.

Afterwards the iconic part of the road begins. 13 switchbacks in one steep hill. But the steepnes of the road stays moderate (max. around 6%, exept very short parts around the corners). The switchbacks have a numbering counted from both sides.

on top oft the switchbacks



view out the valley

You will get the best view (to take pictures) after the 13th switchback at the part where the road is partly carved in the rock.

After this lookout point you will cycle more to the west and the landscape changes rapidly. The hills get rounder and less rocky.

After two more switchbacks you will start to see the big wind turbines. Around 1 or 1.5km before the pass the pavement starts again. The road gets pretty flat and with good wind you can almot sail to the top. (2330m ond most maps. On our GPS altitude model ~2370)

The ride down is all paved and a fast downhill. You will get trough the village of Kılıçkaya where the road is slightly smaller, but the rest is wide and in good conditions. There was a strech of around 1.5km after Kılıçkaya where there are construction works of the road. The rest to Bayburt is easy. Just follow the signs and the road.

Also Check out travelblog post about this road.

Freitag, 4. Juli 2025

Ans und am schwarzen Meer

Nach der Nacht im Gartenhaus von Gökdeniz brachten wir das Mietauto zurück in die Innenstadt und reisten mit den Stadtbüssli wieder zurück. Dort schnappten wir unsere bepackten Velos und rollten los in Richtung Meer nach Hopa. Der Plan war mit wenigen Kilometern zu beginnen und somit spätestens in Borçka zu übernachten. Wenige Kilometer vor diesem angepeilten Ziel lenkte uns ein "Caravanpark" Schild ab und wir schauten uns genauer um. Es handelte sich um eine Picknickanlage mit vielen offenen Hüttchen, sowie WC und Wasserhahn. Die geforderten 200TL (ca. 4Fr) bezahlten wir gerne dafür.


Im Verlauf vom Nachmittag gesellten sich in den Nachbarhäusschen türkische Familien dazu, was sich für uns als Glücksfall herausstellte. Kaum begannen wir mit kochen, wurde uns ein Teller mit Pouletflügeli, Brot und Babaganoush gerbracht. Zusammen mit unseren Kartoffel und Gemüse ergab das ein sehr ergiebiges Znacht. Der offerierte Cay nahmen wir sehr gerne an, die abschliessende halbe Melone forderte unsere Mägen dann doch beträchtlich. ;-)

Für die Nacht zügelten wir einige Hüttchen weiter, um etwas abseits des Trubels zu schlafen. Am Morgen mussten wir auf dem Weg aus der Anlage uns mit den Hunden abgeben, welche von den Resten der Picknicks leben und meist sehr ruhig sind. Hier waren sie aber teilweise ziemlich bellig und verscheuchten damit den einen oder anderen Besucher.

Nun rollten wir nach Borçka und liessen uns dort als erstes einen Cay zu Gemüte führen. Da das Tal in welchen wir unterwegs waren nach Georgien führt mussten wir abzweigen. Die Strasse führte nun ca 300hm aufwärts zu einer Tunnel/Pass-Kombination. Der Tunnel ist mit gut 5km recht lang, da wir aber in die fallende Richtung unterwegs waren entschieden wir uns für den Tunnel und sparten so weitere ca 300hm. Dank schönem Gefälle konnten wir durch den Tunnel mehr sausen, den fahren. Mit einer geschätzten Durchschnittsgeschwindigkeit von über 50km/h waren wir nach rund 6 Minuten schon am zweiten Portal.

Zu schnell für ein scharfes Foto

Die Strasse nach Hopa ans Meer fällt logischerweise weiter ab und so erreichten wir die Stadt schon vor dem Mittag. Aus knie-schonungs-technischen Überlegungen entschieden wir uns für eine Übernachtung in Hopa. Der ausgesuchte Zeltplatz in einem Park stellte sich, je länger der Nachmittag dauerte, als unmöglich heraus. Es tauchten immer mehr Freizeitwillige auf und die Kilbibahnen wurden in Betrieb genommen.  


im Zuckerhimmel

Also klapperten wir weiter Grünflächen ab, welche sich aber allesammt als unbezeltelbar herausstellten. Die Variante Warmshowers klappte auch nicht. So suchten wir nach einem Hotel. Das laut Google billigste Hotel wollte vor Ort aber rund 50% mehr als online. Mit dem Vorzeigen des Onlineangebots erhielten wir dann aber den für uns akzeptablen Preis.

"Riesenrad", leider abgeschlossen

Am Morgen vom 3. Juli regnete es und so starteten wir nach dem Frühstücksbuffet in Regenkleidern in Richtung Westen. Der Regen liess später nach aber es blieb bedeckt. Alles entlang der Küste pedalten wir auf dem Pannenstreifen der 4-spurigen Strasse. Rechts das Schwarze Meer und links steile Hügel überzogen mit Teepflanzen und allerlei sonstiges Grünzeug.
Unterwegs badeten wir bei Güzelyalı, lunchten in Fındıklı, posteten in Ardeşen, assen von georgischen Velofahrern geerntete Kirschzwetschgen und campten am Fluss Firtina Deresi.

 

Zmorge im Zelt

jeder Ort hat seine Tee Fabrik von Caykur

Von Ardeşen nach Rize ging es im gleichen Stil weiter. In Rize angekommen peilten wir das Cafe des Warmshower Host Mustafa an, welchen wir zwar spontan angeschrieben aber noch keine Antwort hatten. Vor Ort lud uns dann Mustafa direkt zur Übernachtung ein. Wir durften uns im oberen Stock des Cafes einquartieren und machten danach noch eine Runde durch die Stadt unter anderem zum übergrossen Teeglas, der Hauptatraktion der Stadt.

 
Teilweise sogar ein Veloweg
oder dann halt auf der 6-spurigen Autobahn